Montag, 18. Januar 2010

Everydaytime

Jeder redete darüber. Jeder wusste, dass es irgendwann wieder passieren würde. Die Menschen hatten nichts dazugelernt, genauso naiv wie vorher. Sind schon immer leichtsinnig mit den Beziehungen in der Welt umgegangen. Wird sich wohl nie etwas dran ändern. Schrecklich hier, alleine in diesem riesengroßen Haus, durch das jedes Geräusch 10 - fach lauter wiederschallt und einen zu verschlucken scheint. Ungewollt kalt und ungemütlich wirkt es hier. Sauber und doch auf unheimliche Weise verstaubt und alt, unglaublich neutral, als könne nichts darauf hinweisen, dass hier täglich Menschen leben und Tag um Tag verbringen. Nunja, interessierte wohl auch kaum jemanden. Wieso auch, ich war eine Frau, gefangen im Nichtstun, ein großes Haus um mich herum, doch kannte ich mich nur halb so gut aus wie die Angestellten, jeden Tag verbrachte ich hier und hatte eine Beziehung zu diesem Ort wie zu einem entfernten Verwandten. Ich verband eine Menge mit der Gegend hier und doch konnte ich mich nicht wirklich mit allem um mich herum identifizieren. Wie jeden anderen Tag auf verbrachte ich meinen Vormittag mit lesen, baden und Klavierspielen, aß mit den Kindern zu Mittag und legte mich schlafen um gegen 5 Uhr nachmittags wieder aufzustehen und zu warten, bis er endlich das Haus betrat und seinen schweren, schwarzen, vom Leben geprägten Mantel für den Tag ablegte und sich auf seinen Lieblingssessel setzte. Ich brachte ihm den täglichen Whiskey und setzte mich auf den Klavierstuhl. Ich hatte extra das rote Kleid angezogen, dass ihm so gut gefiehl. Bis jetzt hatte er mich noch keines Blickes gewidmet - er war sicher müde und erschöpft. Das Thema des Krieges beschäftigte vor Allem auch die Politik. Daran war nichts zu machen, es wird schief gehen, das ist klar. "Schönes Kleid, Rose. Ist das neu?" Diese waren die ersten Worte, die heute an mich gerichtet waren. Ich war enttäuscht und antwortete: "Das ist das Kleid, von dem du behauptetest es würde dir so gut gefallen ich solle es mir doch bitte kaufen." Mir fiel nicht mehr ein. Ich war gekränkt, ließ es mir jedoch nicht anmerken. Er musste sich eben voll und ganz auf seine Arbeit konzentieren. Das würde alles wieder besser werden. Ich glaube mir war sofort klar, dass ich unrecht hatte. Nichts würde sich bessern, unsere Ehe war am Ende. Ich war nur noch Mittel zum Zweck, Vorzeigemittel. Hübsch genug um mit ihm unter die Leute zu treten. Ich fühlte mich unwohl alleine mit ihm. Mit dem Mann, dem ich mich früher voll und ganz hingab und das mit größter Lust und Liebe. Ich durchbrach die unheimliche Stille durch einen leisen, dumpfen Klavierton. Ich strich mit den Fingern sanft über die Tasten. Als ich spürte, wie sich die Tränen in meinen Augen sammelten, sah ich ihn an, zögerte und verließ das Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und wusste in diesem Augenblick: es war zu spät. Der Krieg hatte gerade begonnen und unsere Ehe war verloren.

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